8 März 2004 - Esquel, Argentinien

Hallo Freunde

Obwohl ich eigentlich mit Schneckentempo unterwegs sein sollte, bin ich doch die letzten Wochen recht vorwaerts gekommen. Manchmal fast zu schnell...

Text? So suedlich wie moeglich begab ich mich nach Chile auf die Carretera Austral. Unter der Diktatur von Pinochet begannen die Militaers mit dem Bau dieser Strasse, die den damals noch nicht erschlossenen Suedteil Chiles verbinden sollte. Heute ist die Strecke durchgehend befahrbar und fuehrt durch herrliche Gegenden. Man merkt, dass die Menschen hier noch nicht ihr unwesen treiben konnten. Zu den Seiten ragen hohe, mit Gletschern und Schnee bedeckte Berge empor, von den Felsen stuerzen tosende Baeche und Wasserfaelle, welche sich in der Talebene zu maerchenhaften Seen und Suempfe stauen. Die Vegetation ist ueppig, wenn nicht sogar tropisch und ich fragte mich, wie dies denn nur geschehen kann. Ich hatte naemlich das Glueck, waehrend zwei Wochen bei strahlend schoenem Sonnenschein diese herrliche Strecke befahren zu duerfen. Doch dass dies nicht das normale Wetter ist, das war ich mir bewusst - und musste dies spaeter auch erleben.

Der Himmel bewoelkte sich ploetzlich und der naechste Tag begann schon mit den ersten Regentropfen. Am Abend fand ich ein verlassenes, hoch ueber einem Meeresarm trohnendes Haus, in welchem ich mich fuer die Nacht einrichtete. Und dies war eine tolle Entscheidung, denn nun begann es. Zuerst troepfelte es, dann begann der Regen und am Schluss schiffte und pisste es, was es nur ging. In einer Regenpause fuhr ich ins 30km gelegene Dorf und goennte mir nach einem Monat Zeltschlafen wieder einmal ein Hotel.

Text? Doch ich wollte weiter - ueber die Berge ins trockene Argentinien. Kurz vor der Grenze machte ich an einem herrlichen See halt, schlug mein Zelt an einem kleinen Sandstrand auf und konnte den Abend sogar bei Sonnenschein am Feuer verbringen. Aber schon in der Nacht hoerte ich wieder die ersten Troepfchen. Am Morgen waren es dann schon Tropfen und durch den Tag fuehlte ich mich oft wie unter einem Wasserfall. Es schiffte! Dreimal gab es eine kurze Regenpause - in der ersten packte ich meine Sachen zusammen und als ich schon das Zelt abbauen wollte, da begann es wieder zu pissen - in der zweiten raeumte ich mein Hab und Gut wieder aus und in der dritten holte ich Wasser und ging scheissen. Den Rest des Tages verbrachte ich im Zelt. Ich las, schlief, wickelte die Fischerschnur ab und neu wieder auf und schrieb meine Velosophie. Und dass mein Zelt innen gelb ist, das weiss ich nun auch besstens!

Aus Essensmangel musste ich am naechsten Tag gezwungenermassen weiter. Den Regenschutz brauchte ich zwar immer noch, doch so gepisst wie am Tag zuvor hat es nicht mehr.

Und dann erreichte ich die argentinische Grenze. Wie wenn die Wolken kein Einreisevisa haetten, lockerte sich die Bewoelkung auf und die Sonne kam zum vorschein. Das Gras war ploetzlich nicht mehr gruen, sondern braun-gelb Text? und an den Berghaengen wuchsen nur noch vereinzelt Baeume. Eine reine Wueste im vergleich zu der noch vor einigen Kilometern dagewesenen tropischen Vegetation. Durch die Andenkordillere staut sich das vom Pazific her kommende Wetter an der chilenischen Seite, die Wolken regnen sich aus und fuer die argentinische Seite bleiben nur selten noch einige Tropfen. Dafuer begann wieder der patagonische Wind zu blasen, mit dem ich Monate zuvor sooo viele Tage gekaempft habe.

Text? Chrigu in Aktion! Der Bart waechst und ist nun doch schon stolze sieben Monate alt. Der Hut ist auch schon recht abgenutzt, wurde der mir doch auch schon im Oktober geschenkt und darf nun Tag taeglich meine Haarpracht bedecken. Nicht selten werde ich mit Forrest angesprochen - Forrest Gump, als er durch die USA rannte (oder so). Haare und Bart werden immer laenger und dreckig sind sie auch meistens!!

Am Lenker habe ich mein Blumenstrauss angebunden. Eh, mann muss sein Zuhause ja auch etwas dekorieren! Ist ein Geschenk von Nik und Seb, zwei schweizer Velofahrer, die ich unterwegs getroffen habe.

Auch ein Geschenk, mein Weihnachtsgeschenk, ist die Barbie Ailice, die vorne an der Fahrradtasche mitfahren darf. Eine Hand immer zum Gruss ausgestreckt. So bin ich wenigstens in guter Gesellschaft. Und einen Vorteil hat sie - alle andern Frauen schwatzen ununterbrochen, nur sie bleibt schon still... Der Elepfantenkopf Don Roque ueber dem Vorderrad leitet den Weg und war das erste Geschenk, welches ich unterwegs bekommen habe. War noch zu Hause, von meiner (auch nicht mehr so) kleinen Schwester.

Tja, so bin ich unterwegs. Wer noch Fragen hat - der soll nur Fragen. Und wer denkt, dass der da auf dem Foto doch spinnt - der hat wohl recht...

In diesem Sinne - schoen wieder einmal von euch zu hoeren.

Gruss Chrigu
Esquel, Argentina